Ich bin frei weil ich selbst entscheiden möchte, wie und wann ich arbeite.

Vor einigen Wochen habe ich eine junge Frau interviewt. Sie arbeitet in einem Pflegeheim und organisiert dort unter strengen Hygienebedingungen die Besuche von Angehörigen. Außerdem kümmert sie sich um die oft einsamen Senioren, plaudert mit ihnen und macht ihnen Mut. Nicht weil sie es muss, sondern weil sie es wirklich gern macht. Es sei für sie eine Herzensaufgabe, sagt sie. Mich hat diese Begegnung beeindruckt. Denn die junge Frau steht für so viele Pflegekräfte, Ärzte, Labormitarbeiter und Erzieher, die seit Monaten Übermenschliches leisten. Sie halten unser System buchstäblich am Laufen.

Das lässt mich auch über meine eigene Rolle in der Gesellschaft nachdenken. Journalisten sind wichtig. Sie informieren, klären auf, berichten über Hintergründe. Gerade in der Pandemie ist das von elementarer Bedeutung. Doch wenn ich meinen Arbeitsalltag mit dem der jungen Altenpflegerin vergleiche, bin ich doch in einer privilegierten Lage. Ich riskiere beim Recherchieren und Schreiben nicht meine Gesundheit. Meine Arbeit ist weder körperlich noch emotional anstrengend. Und ich rette keine Leben.

Meine Arbeit hat sich mit der Pandemie stark verändert. Noch vor einem Jahr habe ich am Montag in einer Medizintechnik-Produktion für eine Reportage recherchiert. Am nächsten Tag stand ein Presserundgang durch eine neue Ausstellung auf dem Plan und am Mittwoch schrieb ich einen PR-Text für einen Friseur. Genau diese thematische Vielfalt ist es, die mich an der freien journalistischen Tätigkeit reizt. Ich möchte mich nicht festlegen. Denn es gibt so viele Geschichten, die ich erzählen kann und so viele Menschen, die Interessantes zu berichten haben – im kulturellen Bereich, in der Medizin, in der Altenhilfe und Einzelhandel. Als freie Journalistin kann ich selbst entscheiden, wie und wann ich arbeite.

Diese wunderbare Vielseitigkeit ist in der Pandemie natürlich eingeschränkt. Viele Kunden haben sich zurückgezogen, und selbst mein Hauptauftraggeber hat die Zusammenarbeit monatelang auf Eis gelegt. Statt Vor-Ort-Terminen gibt es Video-Interviews, was das Schreiben oft erschwert. Reportagen und Porträts leben von den persönlichen Eindrücken und kleinen Beobachtungen, das kann ein Zoom-Treffen niemals ersetzen. Ich bin dankbar, dass mich ein paar Auftraggeber weiterhin unterstützen. Sie binden mich intensiv in ihre Arbeitsabläufe ein und geben mir das Gefühl, dass meine Tätigkeit bedeutsam ist. Die Bindung zu diesen Kunden ist durch die Pandemie enger geworden. Wir können uns aufeinander verlassen. Und das ist in dieser Zeit wichtiger denn je.

 

Pamela De Filippo, freie Journalistin aus Kassel