ich bin freu weil es die einzige Option ist wenn man oder frau moralisch integer bleiben, unabhängig arbeiten und gewissenhaft publizieren möchte. Muss!
Wes Brot ich ess… das war 14 viel zu lange Jahre meine Wahl. Ich hatte mich bei einem „Verein“ in Marburg verdingt. Es handelte sich um einen Dienstleister für Gesundheitsinformation, dessen Stern nach einem ARD-Beitrag im Juli 2009 (Report Mainz) im Sturzflug sank. Dieser Dienstleister stand in seinem Fachbereich Infektionskrankheiten sowohl der Gemeinschaft der Impfstoffhersteller als auch dem RKI sehr nahe. Er ebnete durch Informationskampagnen mit ungeheurem und wohlwollendem Medienecho neu entwickelten Vakzinen den Weg in das kollektive Bewusstsein und Bedürfnis. Die „Arbeitsgemeinschaft Influenza“ mit ihren wöchentlichen Durchsagen der aktuellen regionalen Grippe-Fallzahlen war sein Garant für einen Sog nach dem jährlichen Grippe-Impfstoff. Ich selbst war nur peripher in diesem Bereich tätig, mit einem betreuten Masern-Sentinel deutscher Ärztinnen und Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin. Meine redaktionellen Schwerpunkte lagen in den Bereichen Ernährung und Dermatologie, aber auch hier ging nichts ohne potente Sponsoren.
Das Leben war wirtschaftlich passabel, aber die Belastung schwer auszuhalten. Ich hatte das Brot gegessen, das Lied gesungen und dabei ein unerträgliches körperliches Symptom entwickelt. Es war Zeit für einen Richtungswechsel. Mein Absprungbrett war ein Zweitstudium. Komplementäre Medizin, ein berufsbegleitendes Aufbaustudium. Endlich Aussicht auf echte, ehrliche Texte und auf Hintergrundwissen aus allen traditionellen Medizinsystemen dieser Erde!
Als ein Jahr nach dem Report-Beitrag der Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hatte und ich, entlassen, Mitte Vierzig Vollzeit-Studentin wurde endete auch mein Symptom. Bilanzierend kann ich sagen: Ohne diese körperliche Aufforderung wäre ich den aktiven Schritt in die Freiheit vielleicht nicht gegangen. Das Freie-sein begann mit mageren Jahren, aber nun ist es gut. Meine Themen suche ich nicht sondern finde sie. Diese Sicherheit auch in wirtschaftlich unbefriedigenden Zeiten wünsche ich allen Kolleginnen und Kollegen, die sich fürs Freisein entschieden haben. Sie ist die Quelle für Mut und Kreativität und Engagement.
„Das klingt ja ganz nett, klappt aber nur für Gutmenschen mit kleinen Projekten, schmalem Budget und geringen Ansprüchen.“? Falsch. Produktionen die größere Investitionen erfordern würde ich persönlich heute eher mit Fundraising als mit Sponsorengeldern verwirklichen.
Die Corona-Pandemie kam für mein positives „mindset“ allerdings ungelegen. Ich moderiere in einem Netzwerk mit Hunderten von Ärztinnen und Ärzten, die mit ihrer aktuellen Arbeitssituation außerordentlich unglücklich sind. Aber wir hören nichts von ihnen, weil sie nicht gehört werden sollen. Ihre fragenden, mahnenden, flehenden Schreiben an die richtigen Adressen blieben unbeantwortet. Sie kritisieren die Auswahl der offiziellen wissenschaftlichen Informationsquellen, die Zulassungsmodalitäten der Impfstoffe, die Ignoranz derer die die Freitode der Älteren und die psychologischen Folgen für die Jungen und Jüngsten für vertretbar halten, sie kritisieren die Einflussnahme der Wirtschaft auf diesen Prozess der nationalen Sicherheit. Die Sorgen sind nach meinen Erfahrungen in der Marburger PR-Maschine begründet. Denn hier geht es nicht um eine Impfung von Mädchen gegen humane Papillomaviren oder um ein Grippemittel. Es geht um Eingriffe in mehrere Grundrechte und damit um das Aushebeln unserer Demokratie. Und um die latent drohende Diskriminierung derer, die aus der Schar der schweigenden dankbaren Informations- und Injektionsempfänger ausscheren.
Und wieder ist es schwer in meiner Mitte zu bleiben.
Alexandra Renkawitz, 11.02.2021